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Published on: Apr. 2025
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Mehr IT-Sicherheit durch Open Source: Warum Unternehmen in ihre Abhängigkeiten investieren sollten

Die digitale Infrastruktur moderner Unternehmen basiert zunehmend auf Open-Source-Software. Doch während viele Firmen bereits die wirtschaftlichen Vorteile freier Software erkannt haben, wird das Sicherheitsrisiko durch Open-Source-Abhängigkeiten oft unterschätzt. Gerade in Zeiten zunehmender Cyber-Bedrohungen und Datenlecks stellt sich für Unternehmen die Frage: Kann Open Source mehr Sicherheit bieten als proprietäre Lösungen?

Neueste Erkenntnisse – wie etwa die kürzlich veröffentlichte „Census-III-Studie“ der Linux Foundation – zeigen deutlich, dass Investitionen in Open-Source-Projekte nicht nur die Sicherheit der eigenen IT-Infrastruktur stärken, sondern langfristig auch Risiken minimieren und Kosten sparen können.


Die unsichtbare Bedrohung in unserer digitalen Infrastruktur

Die meisten Unternehmen nutzen täglich Open Source – oft ohne es zu wissen. Ob Webserver, Verschlüsselungsbibliotheken oder Container-Technologien: Freie Software steckt in fast jeder Anwendung. Sie ist flexibel, kostengünstig und schnell einsatzbereit. Doch was kaum jemand hinterfragt: Wer kümmert sich eigentlich um die Sicherheit dieser Software?

Die Realität ist überraschend – und alarmierend: Viele der weltweit wichtigsten Open-Source-Komponenten werden von Einzelpersonen oder kleinen Teams gepflegt, meist in ihrer Freizeit. Kein Budget, kein Sicherheits-Audit, kein Incident Response Team.

Die Census-III-Studie der Linux Foundation hat das Problem ans Licht gebracht: Einige der meistgenutzten Bibliotheken im Internet hängen buchstäblich an einem einzelnen Maintainer. Ein einziger Ausfall, eine kritische Sicherheitslücke – und zehntausende Systeme wären verwundbar.

Für Unternehmen ist das ein Risiko, das oft übersehen wird. Wer Open Source nutzt – und das tun heute fast alle – muss verstehen: Sicherheit entsteht nicht von selbst. Sie muss bewusst mitgestaltet und mitfinanziert werden.


Warum Unternehmen gezielt in Open Source investieren sollten

Viele Unternehmen glauben, sie hätten mit Open Source nichts am Hut. Dabei läuft ihr Geschäft oft auf einem Fundament, das sie nicht einmal kennen – und das bei der kleinsten Erschütterung ins Wanken geraten kann.

Log4j war genau so eine Erschütterung. Eine kleine Java-Bibliothek für Logging – millionenfach im Einsatz, kaum beachtet. Bis sie plötzlich eine kritische Sicherheitslücke hatte. Dann wurde hektisch gepatcht, gescannt, gefixt. Und was machen einige Unternehmen? Sie drohen mit Regressansprüchen. Für ein Projekt, das sie nie unterstützt, nie geprüft, nie hinterfragt haben. Für Software, in die sie keinen Cent investiert, aber auf die sie sich jahrelang verlassen haben.

Das zeigt vor allem eins: Es fehlt oft jegliches Verständnis dafür, wie Open Source funktioniert – und wie viel Verantwortung Unternehmen eigentlich tragen sollten.

Denn Log4j war kein Einzelfall. Im JavaScript/TypeScript-Ökosystem hängen fast alle Softwareprojekte an Tausenden npm-Abhängigkeiten, die in ihrer Gesamtheit ein enormes Sicherheitsrisiko darstellen können. Egal ob CMS, Frontend-Framework oder DevOps-Tooling: Der gesamte Stack ist durchzogen von Open Source. Und das ist an sich nichts Schlechtes – im Gegenteil! Aber: Wer Open Source nutzt, muss auch etwas zurückgeben.

Was heißt das konkret?

  • Sicherheitsbudgets sollten nicht nur für Firewalls und Pentests vorgesehen sein, sondern auch für die Pflege der Software, auf der alles aufbaut.
  • Sichtbarkeit schaffen: Welche Open-Source-Komponenten sind kritisch für unsere Systeme?
  • Finanzielle Unterstützung: Sponsoring, Förderprogramme oder direkte Aufträge an Maintainer sind kein "Nice to have" – sie sind digitaler Selbstschutz.
  • Open-Source-Strategie definieren: Unternehmen brauchen eine klare Haltung und Prozesse für Auswahl, Pflege und Mitgestaltung freier Software.

Kurz gesagt: Wer Open Source als selbstverständlich betrachtet, betreibt Raubbau an der eigenen Infrastruktur.


Was Unternehmen konkret tun können

Open Source zu nutzen ist bequem. Mitgestalten? Schon schwieriger. Dabei braucht es nicht viel, um als Unternehmen einen Unterschied zu machen – und die eigene Abhängigkeit von fragiler Infrastruktur zu entschärfen.

Hier ein paar Dinge, die nicht erst ab Enterprise-Level Sinn ergeben:

1. Transparenz schaffen

Erst mal ehrlich in den Spiegel schauen: Welche Open-Source-Komponenten sind eigentlich im Einsatz? Und welche davon sind sicherheitskritisch? Tools wie Software Bill of Materials (SBOMs) helfen, Licht ins Dunkel zu bringen.

2. Verantwortung übernehmen

Wenn ein Projekt das eigene Geschäft am Laufen hält, sollte man auch etwas zurückgeben. Das muss kein Vollzeit-Entwickler sein. Manchmal reicht es, Bugs zu melden, Feedback zu geben – oder mit gutem Beispiel voranzugehen.

3. Mit Geld helfen – ja, wirklich

Einige Projekte kosten weniger als ein Dienstleister-Stundensatz pro Monat – aber stabilisieren Anwendungen, auf denen Millionenwerte laufen. Sponsoring, Spenden oder gezielte Feature-Entwicklung sind Investitionen, keine Almosen.

4. Open Source in die Strategie holen

Open Source ist kein Werkzeug, das man aus der Kiste holt und wieder zurücklegt. Wer dauerhaft sicher und effizient arbeiten will, braucht Prozesse, Verantwortlichkeiten und ein Grundverständnis in der Organisation.


Fazit: Open Source ist kein Selbstbedienungsladen

Open Source ist keine magische Gratis-Software aus dem Internet. Es ist Infrastruktur. Es ist Verantwortung. Und es ist – bei richtiger Pflege – eine der sichersten Grundlagen, auf denen moderne IT stehen kann.

Ehrlich gesagt: Ohne Open Source wäre moderne Softwareentwicklung für die meisten Unternehmen finanziell gar nicht mehr machbar. Die Innovationsgeschwindigkeit, die heute erwartet wird, ist nur möglich, weil wir auf Schultern von Tausenden Maintainer:innen stehen – meist unbezahlt, oft unbeachtet.

Aber genau deshalb braucht es mehr als stilles Mitnehmen: Unternehmen müssen anfangen mitzudenken, mitzureden und mitzufinanzieren. Wer glaubt, durch Wegsehen Kosten zu sparen, spart am Fundament. Und wundert sich dann, wenn das Dach einstürzt.

Ich selbst veröffentliche fast all meine Software unter freien Lizenzen. Nicht, weil ich besonders idealistisch bin – sondern weil ich glaube, dass nachhaltige digitale Systeme nur dann entstehen, wenn alle mit anpacken.

Wenn du wissen willst, wo in deinem Unternehmen Open Source im Einsatz ist, wie kritisch diese Stellen sind – und was du konkret tun kannst: Meld dich gern. Ich helfe beim Hinschauen.